Frankfurter Innenstadt
Ein kleiner Spaziergang durch die Geschichte
Das Café Milani und Café Mozart
Wir starten an der Hauptwache. Schauen wir nach Osten und vergleichen den Blick auf die Zeil mit dem Foto aus dem Jahre 1885: Wo heute linkerhand das Kaufhaus „Galeria Kaufhof“ steht, befand sich damals das legendäre Café Milani mit 300 Plätzen und gleich daneben das Café Mozart.
Beide konnten sich damals bei den Frankfurtern großer Beliebtheit erfreuen. Das klassizistische Gebäude wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch ein Geschäftshaus mit prächtiger Fassade im Stil des Historismus ersetzt, das seinerseits schon 1929 wieder einem modernen Neubau für das Kaufhaus Tietz (später arisiert zu Kaufhof) weichen musste. Wir sehen: In der Innenstadt ist der Wandel die einzige Konstante.
© Carl Hertel, ISG Frankfurt
Die Biebergasse
Wenden wir uns nun nach Westen und durchschreiten die Biebergasse. Wer als Namensgeber die in Hessen wieder heimischen Nagetiere vermutet, liegt nicht ganz falsch. Ab dem ausgehenden Mittelalter siedelten sich dort in der „Neustadt“ Bürger „von Bieberahe“ an, also aus Bieber stammend, dem heutigen Stadtteil von Offenbach, wie der Bieberer Heimatforscher Dr. Alfons Kurt herausgefunden hat.
Sie waren als Weber und im Tuchandel erfolgreich. Im Jahre 1449, so fand es Kurt in einem Protokoll, gehörte der „Rahmhof uf der Biebergaßen“ einem „Henne von Biebera“. Der Ort Bieber leitet wiederum seinen Namen von der keltischen Bezeichnung für Biber(bebros) ab. Manches erklärt sich nur über Umwege.
Das Comoedienhaus
Wir erreichen nun den Rathenauplatz und schauen nur kurz auf das kernsanierte Gebäude mit Säulenfassade, das den Platz nach Norden abschließt: An dieser Stelle stand seit 1782 mit dem Comoedienhaus das erste städtische Theatergebäude, weshalb die Frankfurter den nördlichen Teil des Roßmarkts von da an zuerst „Comoedienplatz“, dann bis zu seiner Umbenennung 1922 „Theaterplatz“ nannten.
Dem Bau des ersten städtischen Theaters in Frankfurt waren lange Diskussionen vorangegangen. Die Geistlichkeit und Teile des Bürgertums befürchteten, der Betrieb eines Theaters würde einen schlechten Einfluss auf die „jungen Herzen“ nehmen, und befürworteten stattdessen den Bau einer Besserungsanstalt. Die Befürworter eines Theaterbaus waren zwar in der Mehrheit, konnten sich aber lange nicht auf einen geeigneten Ort einigen – ein Problem was wir auch heute kennen. Darüber stiegen die Baukosten auf über das Doppelte. Gebaut wurde schließlich trotzdem.
© Gemeinfrei verfügbar auf Wikimedia (ohne Angabe des Fotografen)
Der Rathenauplatz
Wir gehen weiter in Richtung Süden, vorbei an dem Geschäftshaus Rathenauplatz 2–8 an der Ostseite, welches seine Errichtung im Jahre 1951 nicht verleugnet. Hier stand früher das legendäre Hotel Schwan, dessen Küche im 19. Jahrhundert sprichwörtlich gut gewesen sein muss: „Essen wie im Schwan zu Frankfurt“ – ein besseres Lob konnte es nicht geben. Wer es sich in Frankfurt leisten konnte und wollte, der ging mittags in den Schwan zum Essen und arbeitete sich in bester Gesellschaft durch das achtgängige Menue der Tageskarte. Danach konnte er schräg gegenüber im Café Milani, das hier ursprünglich seinen Platz hatte, den Nachmittag mit Politisieren verbringen, um den Tag mit einer Theateraufführung im Comoedienhaus zu beschließen. War es das, was die Geistlichkeit befürchtet hatte?
Als „Roßmarkt“ diente ursprünglich seit dem Mittelalter die westliche Fläche entlang der alten Stadtmauer. Der Goetheplatz und der Theater-/Rathenauplatz bildeten seine nördlichen Teile. Der fortgesetzten Nutzung als Viehmarkt auch nach dem Bau der „Neustadt“ ab 1344 haben wir es zu verdanken, dass wir noch heute in der Innenstand eine so große unbebaute (Frei-)Fläche besitzen, der für Aufzüge und Demonstrationen geeignet ist.
Der Sedanstag
Ein Foto von 1895 dokumentiert die Feierlichkeiten zum Sedanstag. Das war ein historisch passender Ort, war im Hotel Schwanen doch der Friedensvertrag mit Frankreich geschlossen worden, der den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 beendete (eine Tafel im Steinweg erinnert heute noch daran). Bitte beachten Sie, dass alle Menschen auf dem Foto einen Hut tragen.
© Friedrich Lauffer (1868-1940), ISG Frankfurt
Über den Goetheplatz, Friedrich-Stoltze-Platz zum Liebfrauenberg und Pauslberg
Gehen wir weiter über den Goetheplatz, vorbei an der großen Baustelle am Ende des Roßmarkts und biegen rechts ab in Katharinenpforte, wo wir den baumbestandenen Friedrich-Stoltze-Platz erreichen. Hier wie auch in den Bäumen der Bleidenstraße versammeln sich im Winter ab Einbruch der Dämmerung große Scharen von Saatkrähen und Dohlen, die sich dann lautstark berichten, was sie tagsüber auf den Feldern in der Frankfurter Umgebung erlebt haben.
Gehen wir weiter durch die Bleidenstraße, so erreichen wir bald den Liebfrauenberg, einen der schönsten Plätze Frankfurts. Das Eckgebäude aus dem Jahre 1954 wird gerade kernsaniert, die zum Platz zeigende Glasfassade steht jedoch unter Denkmalschutz und muss erhalten bleiben. Gehen wir nun bergab durch die Neue Kräme, stoßen wir auf die Berliner Straße und sehen den Paulsplatz auf der anderen Straßenseite vor uns liegen. Die Geschichte des Platzes und die Frage, ob man die Nordseite entlang der Berliner Straße wieder bebauen sollte, war Gegenstand eines Vortrages am 16. Februar 2023.
(Autor: Claus Vester)