Gaslaternen in Frankfurt

Über die Entstehung von Gasfabriken, Ausbau von Rohrleitungen bis hin zum Laternenanzünder

Die von der Stadt geplante vollständige Demontage der schönen Gaslaternen mit dem warmen Licht und der Austausch gegen LED-Leuchten lässt es notwendig erscheinen, sich mit der Geschichte der Gasbeleuchtung zu beschäftigen.

ab1828

Die erste Frankfurter Gasfabrik

Die ersten öffentlichen Gaslampen, auch Gaslaternen genannt, wurden 1814 im Londoner Stadtteil Westminster montiert. Auch in Kontinentaleuropa gab es schon vereinzelt Gaslampen. Die erste nahm Johannes Petrus Minckeleers 1785 in Betrieb. 1807/1808 gelang es William Murdoch und seinem Assistenten William Clegg, Leuchtgas in größeren Mengen zu produzieren. Sie setzten dieses zur Beleuchtung ihrer Fabriken ein. In Deutschland war die erste Stadt mit Gaslaternen 1825 Hannover, aber Frankfurt folgte nur drei Jahre später.

Im Jahr 1828 eröffneten Johann Friedrich Knoblauch und Johann Georg Remigius Schiele die erste „Frankfurter Gasfabrik“. Im Probebetrieb hatte das Gaswerk an der Mainzer Landstraße 28 123 Kunden. Die Herstellung von Leuchtgas für die Gasbeleuchtung erfolgte anfangs mit Rüböl, welches sich als wenig tauglich erweisen sollte. Nach einigen technischen und damit einhergehenden finanziellen Problemen wechselte die Firma Knoblauch und Schiele in der Leuchtgasherstellung zu amerikanischem Harz und später zu Holz.

ab1835

Aufstellung der ersten Gaslaternen

1835 entstanden die ersten Gaslaternen in Frankfurt, 16 an der Zahl. Sie wurden am Bockenheimer Tor, dem Rossmarkt und dem Comödienplatz, dem heutigen Rathenauplatz, aufgestellt. Hauptsächlich wurde die Stadt aber mit Öllaternen beleuchtet.

1842 konnten schon die Bockenheimer-, Eschersheimer-, Friedberger-, Mainzer und Hanauer Landstraße mit Gaslaternen beleuchtet werden.

Im Jahr 1844 nahm die Aufstellung der Gaslaternen richtig Fahrt auf. Die Imperial Continental Gas Association (ICGA) schloss in diesem Jahr einen Beleuchtungsvertrag mit der Freien Reichsstadt Frankfurt. Gegenstand des Vertrages war die Schaffung eines Röhrennetzes zur Verteilung des Leuchtgases in den Grenzen der Stadtbefestigung von Frankfurt und Sachsenhausen sowie die Aufstellung und der Betrieb der Gasleuchten in diesem Bereich. Im Gegenzug erhielt die Firma Imperial Continental Gas Association von der Stadt das alleinige Recht, Steinkohle zur Gasherstellung zu verwenden. Insgesamt wurden von der IGCA in den folgenden Jahren 670 Gaslaternen montiert.

ab1863

4.012 Gaslaternen – wer zahlt die Kosten?

1863, die Firma von Knoblauch und Schiele war ebenfalls gewachsen, verlegte die Frankfurter Gasbereitungsgesellschaft ihre Produktionsstätte in das vom Architekten Burnitz errichtete Gebäude in der Gutleutstraße 216 und im folgenden Jahr konnte die Firma, nach Wegfall des Monopols der ICGA, auch Steinkohle zur Herstellung von Leuchtgas einsetzen. Zu diesem Zeitpunkt zahlte die Stadt Frankfurt bereits die Beleuchtung innerhalb der Wallanlagen und in Sachsenhausen. In Orten wie Bockenheim oder Bornheim oblag es den Bürgern, für die Beleuchtung selbst zu zahlen.

Das änderte sich erst im Jahr 1886. Da gab es in Frankfurt schon insgesamt 4.012 Gaslaternen. 2.112 wurden von der Imperial Coninental Gas Association betrieben und leuchteten hauptsächlich in der Innenstadt und in Sachsenhausen. 1.900 Gaslaternen betrieb die Frankfurter Gasgesellschaft hauptsächlich außerhalb der Stadttore und in Bornheim. Gezahlt wurde das „neue Licht“ von der Stadtverwaltung.

Der Laternenanzünder

Nicht alle Gasleuchten brannten die ganze Nacht, wie wir das heute gewöhnt sind. 1.672 Laternen wurden um Mitternacht gelöscht und 2.340 bei Tagesanbruch. Dies war die Aufgabe der Laternenanzünder. Ebenso waren die Laternenanzünder verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Laternen ordnungsgemäß funktionierten. Bei Sturm mussten sie die Laternen löschen und dafür sorgen, dass niemand von einer Laterne getroffen wurde. Betrunkene sollten sie davon abhalten, Schabernack damit zu treiben.

Die Beleuchtung mit Gaslaternen veränderte das Leben der Menschen. Viel länger als bei der vorherigen schwachen Ölbeleuchtung konnten die Menschen bei Dunkelheit auf den Straßen unterwegs sein, einkaufen und sich amüsieren. Auch machte die neue Technik die Ausdehnung der Arbeitsstunden möglich, sodass man auch häufig, wenn man von der Gasbeleuchtung spricht, diese als (das) „Licht der industriellen Revolution“ bezeichnet. 

ab1880

Ausbau von Rohrleitungssysteme für die enorme Gasproduktion

290 km Rohrleitungen aus Gusseisen verlegten die zwei Gasgesellschaften im heutigen Stadtgebiet von Frankfurt natürlich nicht nur für die Beleuchtung der Straßen, auch die Versorgung der Haushalte mit Leuchtgas war mit diesem Rohrleitungsnetz möglich. In den 1880er Jahren betrug die Menge des in Frankfurt produzierten Gases 15,5 Mio³. Das meiste Gas wurde für den privaten Gebrauch produziert. Nur etwa 11% entfielen auf die Straßenbeleuchtung. Frankfurt war zumindest zu dieser Zeit damit die Stadt mit dem höchsten Verbrauch an Leuchtgas pro Einwohner.

Das Jahr 1885 wurde zu einem weiteren Meilenstein in der Geschichte der Gasbeleuchtung. Carl Auer von Welsbach erfand den Glühstrumpf. Mit Hilfe des Glühstrumpfs, einem mit einer Lösung aus verschiedenen Salzen beschichteten Gaze, wurde das Gaslicht heller und es flackerte nicht mehr. Diese Weiterentwicklung trug dazu bei, dass die Öllampen gänzlich verschwanden und überall Gaslaternen leuchteten. Aber auch die Gaslaterne fiel dem technischen Fortschritt zum Opfer. Ab 1900 breitete sich in vielen Städten, auch in Frankfurt, bereits die elektrische Straßenbeleuchtung aus. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden in Frankfurt aber auch weiterhin Gaslaternen montiert. Im Jahr 1964 war mit 11.155 Gaslaternen deren größte Anzahl erreicht.

ab1969

Abriss der Gaslaternen

Ab 1969 bis in die Mitte der 70er Jahre begann Frankfurt die Gaslaternen abzureißen. In der Regel wurden die schönen alten Jugendstilleuchten durch elektrische Leuchtstoffröhren ersetzt. Damals überlebten 6.500 Gaslaternen die Erneuerung der Stadtbeleuchtung. Heute ist ihre Zahl noch weit geringer, denn in den vergangenen Jahren wurden an vielen Stellen die Gaslaternen abgerissen.

Dort leuchten heute sehr helle LED-Lampen, welche in keiner Weise das schöne honigfarbene Licht der Gaslaternen ersetzen können. Vielerorts beschweren sich die Bewohner der Straßen wegen des zu hellen Lichtes, das sie beim Schlafen störe. Die Lichtverschmutzung, die heute in vieler Munde ist, scheint den Entscheidern in Frankfurt egal zu sein. Hoffen wir, dass sich das Blatt doch noch zugunsten der Gaslaterne wenden wird.